Der zweite Band der Buchreihe über die Bildwelt der Ansichtskarten ist den Fotografen-Darstellungen auf Postkarten gewidmet, mit reellen Bildern, auf denen Fotografen zu sehen sind oder mit Scherzbildern, welche Fotografen in den fantasievollsten Posen zeigen.
Genauso, wie in unserer Zeit die Social Media Kanäle die Kommunikation beflügeln, waren rund 100 Jahre zuvor die Postkarten das neue Medium, um den lieben Zuhausegebliebenen zu erzählen wo man ist und wie schön es da sei. Und dies mit Foto, das irgendeine Sehenswürdigkeit zeigte, oder ein Scherzbild, eine Karikatur, um eine Prise Humor in die Kommunikation zu bringen. Genau darum geht es in diesem zweiten Band der Buchreihe «Die Bilderwelt der Ansichtskarte».
Herausgeber Fritz Franz Vogel hat neben Raritäten aus seiner Sammlung einige Ähnlichgesinnte angefragt, ob sie ihm Bilder zum Thema «Fotografen aller Art auf Ansichtskarten» zur Verfügung stellen würden. Und so ist ein Buch entstanden, das mit den mehr als tausend Abbildungen Seinesgleichen sucht.
Schon ein erster Blick in das Buch verblüfft: Die Fantasie der damaligen Postkartenkünstler kennt kaum Grenzen: Das sind Ansichten, die – wenig fantasievoll – einfach Alltagsszenen zeigen auf denen ein Fotograf mit grosser Kamera auf dem Stativ zu sehen ist; wenig spektakulär, aber trotzdem selten. Dann finden wir Szenen, in die ein Fotograf karikiert ist, ulkig übertrieben oder nicht sichtbar, weil er sich gerade unter dem legendären schwarzen Tuch versteckt. Dann ist ein Kapitel natürlich den Fotografinnen gewidmet, erst recht als Scherzbild mit einem erotischen Touch, denn Fotografinnen gab es damals noch relativ wenige. Oder man setzte fotografierende Kinder in Szene, die kaum grösser waren als der mysteriöse Fotoapparat. Von fotografierenden Katzen, Osterhasen, Affen oder Wesen aus der Fabelwelt ganz zu schweigen …Man findet sie zu allen Jahreszeiten und Ereignissen.
Man könnte meinen, mit dieser Fülle an originellen Bildern sei das Thema der Fotografen auf Ansichtskarten wohl abgehandelt, und das Buch stelle so etwas wie einen abschliessenden Katalog zum Thema dar. Doch Fritz Franz Vogel klärt auf: «Die Welt der Ansichtskarte ist genügend gross, dass sie immer wieder zu neuen Sammlungen, kleinen, mittleren oder ganz grossen führen kann». Deshalb sei diese Buchreihe als Anregung zu verstehen, in die Materie einzutauchen, den Reichtum zu erforschen, Formalisierungen und Differenzen herauszukristallisieren und individuelle Besonderheiten zu erkennen.
Die Texte von Fritz Franz Vogel zu jedem der zwölf Kapitel sind durchaus lesenswert und geben viel über den damaligen Zeitgeist vor den Hintergrund des jeweiligen Themas preis, wirken erklären und informativ und verfügen auch über eine humoristische Note, die zum Thema der Fotografenkarten passt.
Für wen ist dieses Buch? Wer sich mit Postkartensammeln befasst und sich vielleicht auf den Bereich der Photographica spezialisiert hat, dürfte daran wohl kaum vorbeikommen, weil es eben doch eine Art Katalog geworden ist, den man gerne konsultiert, wissend, dass man diese Menge und Qualität wohl käumlich erreichen dürfte. Dann ist es ein hervorragender Geschenksband für Leute, die sich mit ebendiesen Themen befassen oder einfach Freude an ulkigen Darstellungen haben. Und davon gibt es auf den 252 Seiten wirklich genügend.
Urs Tillmanns
Buchbeschreibung des Herausgebers
Die auf mehrere Bände angelegte Reihe zur Ästhetik der Post- und Ansichtskarte speist sich aus verschiedenen Privatsammlungen. Der zweite Band «Fokus Fotografie» stellt das um 1900 relativ neue Medium in seinen verschiedenen Facetten ins Zentrum. Da Fotografie für die meisten erschwinglich und aufgrund der Abkoppelung und Auslagerung der chemisch-physikalischen Entwicklungsprozesse handhabbar wurde, sah man überall fotografierende Menschen. Die Produzenten von Ansichtskarten – selber ein Massenmedium der Vermittlung – griffen diese Inflation der Bildproduktion auf und kolportierten vor allem die karikaturistischen Aspekte, die sich mit der Bilderzeugung ergaben. In 12 verschiedenen Kapiteln zur fotografischen Geste, zu Kinderstudios, zum weiblichen Modell, zu Paparazzi, Voyeuren und Zauberlehrlingen oder zu(r) tierischen Kamera(den) werden weit über 1000 Bildbelege aus drei Privatsammlungen ausgebreitet.
Die vom Herausgeber und Fotohistoriker Fritz Franz Vogel auf jeder Doppelseite beigefügten Kommentare verweisen auf wichtige medienspezifische oder kulturelle Informationen, die in diesem vor 100 Jahren unglaublich innovativ gestalteten und produktiv gehandelten Massenmedium stecken. Die in dynamischer Grösse abgebildeten und immer wieder optisch anders aufbereiteten Karten sind vorbildlich gemäss einer vorgegebenen Nomenklatur beschriftet. Im Innern des Einbands verbirgt sich ein Katalog der verschiedenen Drucktechniken.
Die Reihe «Die Bildwelt der Ansichtskarte – ein Kulturgut und seine Erzählformen» wird kontinuierlich fortgesetzt, sodass künftig mehrere relevante Sammelgebiete überzeugend dargestellt und kommentiert vorliegen werden.
Der Inhalt
Vorwort zur Reihe
Fotografenalltag
Die fotografische Geste
Ereignisfotografie
Im Fokus
Frau Fotografin
Kinderstudios
Sein Modell
Paparazzi und Voyeure
Falsche Entwicklung
Tierische Kamera(den)
Zauberlehrlinge
Paraphernalia
Bibliografie / Abkürzungen / Impressum
Autor und Herausgeber
Fritz Franz Vogel, geboren 1957 in Luzern, Schulen in Emmenbrücke und lmmensee. Studien an den Universitäten Fribourg (heilpäd. Diplom 1980) und Zürich (lic. phil. 1996 Volkskunde, Dr. phil. 2006/Kunstgeschichte), sowie an der Zürcher Hochschule der Künste (M.A. 2011 / ausstellen und vermitteln). Er arbeitet als Kulturwissenschaftler, Kunst- und Fotohistoriker, Herausgeber und Kurator seit 1992 produktiv, kooperativ und interdisziplinär in den Medien Text, Fotografie und Buch (Gestaltung, Druckvorstufe und Herausgeberschaft). Forschungen, Lehrtätigkeit, Publikationen und Ausstellungen in den Bereichen inszenierte und dokumentarische Fotografie, populäres und freies Theater, Bildwissenschaft und Kunstgeschichte, Exponatik und Visualistik, Alphabete, Körperbilder und Erotica. Er lebt und arbeitet in Diessenhofen, Schweiz.
Bibliografie
Fritz Franz Vogel: Die Bildwelt der Ansichtskarte – ein Kulturgut und seine Erzählformen
Band 2: Fokus Fotografie
252 Seiten mit 1140 Abbildungen, Fadenheftung, Softcover, Klappenbroschur, Format 240 x 320 mm, Gewicht 1230g, Januar 2025
Texte und Gestaltung: Fritz Franz Vogel
Verlag ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ, Diessenhofen
Preis: CH 58.00 / EUR 58,00
ISBN 978-3-03858-416-2
Das Buch kann im Buchhandel geordert oder direkt beim Verlag per E-Mail bestellt werden.
Lesen Sie auch:
• «Buchtipp: Fritz Franz Vogel: «Die Bildwelt der Ansichtskarte», Band 1, Fotointern.ch