Walter Borer hat während rund 60 Jahren engagiert die Entwicklung und das Tagesgeschehen der Stadt Olten dokumentiert. Nun hat sein Sohn die Rosinen aus den rund 6000 Nachlassbildern herausgesucht und damit eine originelle visuelle Geschichte der Eisenbahnstadt publiziert.
Wie jedes Buch, hat auch das Vorliegende seine Geschichte: Rolf Borer Mathis, der Sohn des Fotografen Walter Borer (1913-2003), der schon immer ein Flair für das Rumstöbern in alten Archiven hatte, machte sich daran, das halbe Dutzend Umzugskisten, voll mit Negativen, Prints, Dias Schmalfilmen und schriftliche Unterlagen, zu sichten und zu archivieren. Viele der Bilder waren ihm bekannt, waren schon zur aktiven Zeit seines Vaters Ikonen, andere entdeckte er neu als wichtige Zeitdokumente zur Geschichte von Olten. Diese in einem Buch zu verewigen und sie so der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, setzte sich Rolf Borer zum Ziel. Und jetzt ist sie da, die Zeitreise durch Olten von 1934 bis 1964.
Das Buch ist in 23 Kapitel unterteilt, entweder nach Motivarten oder nach besonders bekannten Plätzen und Strasse in Olten, Orte, die man vielleicht von damals noch in Erinnerung hat, die sich aber heute völlig anders präsentieren. Das ist das Verblüffende an der Städtefotografie: Nur sie ist in der Lage, das visuelle Zeitgedächtnis zu wahren und uns das Damals und das Heute eindrucksvoll vor Augen zu führen. Und dazu gibt es im Schaffen von Walter Borer und in diesem Erinnerungsbuch reichlich Gelegenheit.
Walter Borer war als Sekretär beim Oltner Amtsgericht angestellt und begann Mitte der 1930er-Jahre zu fotografieren, beeinflusst einerseits durch die Bildästhetik des Kinofilms, anderseits durch den aufkommenden Bildjournalismus. Als Autodidakt widmete er sich vor allem dem alltäglichen und aussergewöhnlichen Geschehen in seiner Stadt, dem sozialen Leben, den Gebräuchen und Ereignissen aber auch der sich wandelnden Architektur der Stadt. Dazu bot Olten reichlich Motive: Es herrschte ein lebhaftes Sozialleben, mit vielen Volksfesten, Jubiläen und Feiern, doch wurde der «Fotograf vom Amtsgericht» auch häufig und oft mitten in der Nach gerufen, wenn sich irgendetwas Schlimmes in der Stadt ereignet hatte, das fotografisch dokumentiert werden musste. Oder es ging darum gewissen Bauzustände in einer Reportage festzuhalten, wie zu Beispiel der Bau der neuen Bahnhofbrücke 1951, was Borer in zeitgeschichtlich wichtigen Bildern festgehalten hat.
Olten kommt unter den Schweizerstädten eine besondere Rolle zu: Mit den Verbindungsachsen Basel-Zentralschweiz und Zürich-Bern bildete sich mit der Erschliessung durch die Eisenbahn 1856 ein Eisenbahnkreuz, das schnell an Bedeutung gewann und zu einem wichtigen Wirtschafts-, Industrie- und Handelsstandort wurde. Damit verbunden war ein überdurchschnittlicher Bedarf an Wohn- und Arbeitsraum, was zu einer rasanten Veränderung des Stadtbildes führte – eine Entwicklung, die für Walter Borer laufend interessante Fotothemen brachte und Gelegenheiten Altes zu dokumentieren, bevor es Neuem wich. So ist Borer zum fotografischen Chronisten geworden und zeichnet nun in diesem von seinem Sohn veröffentlichten Buch die spannende Veränderung des Stadtbildes nach.
Für wen ist dieses Buch? Es findet sein Zielpublikum natürlich vor allem in Olten, bei Leuten, die sich noch an das alte Stadtbild erinnern und die dann und wann gerne in der Vergangenheit schwelgen. Damit ist das Buch aber auch ein hervorragendes Beispiel für die Bedeutung fotografischer Nachlässe mit Bildern, die auf den ersten Blick kaum erhaltenswürdig erscheinen, die jedoch plötzlich als zeitgeschichtlich wertvoll und archivwürdig eingestuft werden können. Weiter darf auch das kreative und ästhetische Schaffen von Walter Borer nicht ausser Acht gelassen werden, das in seinen Bildern ebenfalls eindrücklich zum Ausdruck kommt.
Urs Tillmanns
Buchbeschreibung des Verlages
Unfälle, Ballonfahrten und Strassenszenen: Der Oltner Fotograf Walter Borer (1913–2003) hat von den 1930er – bis in die 1960er-Jahre Spektakuläres wie – Alltägliches rund um Olten fotografisch dokumentiert. Diese Periode ist geprägt von den Krisen der Zwischenkriegszeit, den Kriegsjahren und dem sukzessiven Aufschwung nach 1945. Walter Borers Aufnahmen machen diese Entwicklung sichtbar. Sie dokumentieren die Veränderungen des Oltner Stadtbilds und den gesellschaftlichen Wandel. Rolf Borer Mathis stellt aus dem reichen Bildarchiv seines Vaters historisch bedeutsame und künstlerisch ambitionierte Fotografien zusammen und versieht die Aufnahmen mit kurzen Texten zum historischen oder kulturellen Hintergrund. Damit entsteht ein Bildband mit rund 150 bislang unveröffentlichten Schwarzweiss-Aufnahmen, der viele Erinnerungen aufleben lässt und einen wertvollen Beitrag zur Visual History leistet.
Der Inhalt
Inhalt
Einführung
Olten 1934
Altstadt
Frohburgstrasse
Citykreuzung
Baslerstrasse
Schaufenster
Stadt und Land
Winter
Feste und Feiern
Chilbi und Zirkus
Freizeit
Neue Brücke
Unglücksfälle
Luftschutz
Gasballone
Eisenbahnstadt
Wachstum
Olten 1964
Der Fotograf Walter Borer
Photo-Klub Olten
Wettbewerbe
Anhang
Der Fotograf
Walter Borer (1913-2002) wuchs als eines von fünf Geschwistern in einer Eisenbahnerfamilie in der Stadt Olten auf. Nach der Schulzeit machte er eine kaufmännische Lehre und arbeitete anschliessend als Sekretär am Amtsgericht Olten-Gösgen. Anfang der 1930er Jahre begann er, inspiriert durch den aufkommenden Fotojournalismus und das Kino, zu fotografieren. Er bildete sich autodidaktisch weiter und konnte ab 1938 seine Bilder immer wieder in Fotozeitschriften publizieren. In den 1950er Jahren fotografierte er auch beruflich für die Strafabteilung des Amtsgerichts Olten-Gösgen und die Kantonspolizei Solothurn zur Tatort- und Beweisaufnahme. In derselben Zeit lieferte er auch eigene Bild- und Textbeiträge von Unfällen an Tageszeitungen und Bildagenturen. (Quelle: Wikipedia)
Der Autor
Rolf Borer Mathis wuchs in Olten auf und studierte Architektur an der ETH -Zürich. Er lebt und arbeitet in Bern. Neben Architektur und Ortsbildgeschichte befasst er sich mit historischer Fotografie.
Bibliografie
Rolf Borer Mathis «Olten 1934–1964»
Fotografien von Walter Borer
144 Seiten mit 136 Abbildungen, Hardcover, Fadenheftung, Format 21 × 27 cm, 2024
Verlag Hier und Jetzt, Zürich
Preis: CHF 44.00 / EUR 44,00
ISBN 978-3-03919-631-9
Das Buch kann im Buchhandel erworben oder direkt beim Verlag bestellt werden.